Neulich lernte ich auf einer Dienstreise in Sachsen eine charmante Dame aus dem Städtchen Regen im Bayerischen Wald kennen. Aus dem Regen-Wald sozusagen. Sie erzählte mir, dass sie schon mal auf Sommerfrische im Landkreis Wolfenbüttel gewesen sei, im Haus ihrer Tante in Werla-Burgdorf.

Werla-Burgdorf! Ich horchte auf. Eine echte Kennerin also. Dann schwärmte sie von der Schönheit dieses Dorfes, des Harzes und sogar Goslars. Und kam schließlich auch auf die Stadt Wolfenbüttel zu sprechen. Sie steigert sich in eine wahre Lobrede hinein, über die Pracht des Wolfenbütteler Schlosses, die Gefälligkeit der mehr als tausend Fachwerkhäuser und den Liebreiz des Stadtmarktes mit dem steinernen Standbild des sein treues Pferd tränkenden Großbauern.

Doch dann kam sie ein bisschen ins Stocken. Sie schien noch etwas auf dem Herzen zu haben und gab schließlich demselben einen Ruck: „Nur die Menschen sind hier etwas gewöhnungsbedürftig, so anders als wie bei uns in Bayern. So verschlossen. In der Schloßschänke saßen zum Beispiel alle Gäste an einem eigenen Tisch. 20 Gäste, 20 Tische. Und niemand sagte ein Wort.“

Ich nickte wissend.

„Aber sehen Sie“, antwortete ich nach reiflicher Überlegung. „ Das hat es uns leicht gemacht durch die Pandemie zu kommen. Währen der Corona-Lockdowns lief das Leben für uns einfach ganz normal weiter.“

„Das ist ja praktisch“, lachte sie, „dann gab es in Wolfenbüttel wohl auch keine Demos gegen die Corona-Maßnahmen, oder?“

„Gott bewahre, nein“, sagte ich stolz, „Massenaufläufe lehnen wir generell ab!“

Dann wendete ich mich wieder schweigend meinem Bier zu.

Am Ende des Abends verabschiedeten wir uns und tauschten noch unsere Telefonnummern aus.

Auch in diesem Sommer will sie wieder nach Werla-Burgdorf kommen, erzählte sie mir neulich in einer wirklich sehr langen Textnachricht bei Signal.

Sagen Sie mir, wann Sie hier sein werden“, schrieb ich ihr zurück, „ich werde in der Schloßschänke zwei Tische für uns reservieren.“

 

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