Es wird die Zeit kommen, wo man pathoslos und sachlich einsehen wird, daß es klüger und ökonomischer ist, keine Kriege zu führen.“ Kurt Tucholsky

Kurt Tucholsky war ein kluger Kopf. Er fasste diesen Gedanken in einer Zeit, als es noch eine Naturnotwendigkeit zu sein schien, Kriege zu führen.

Der Weltkrieg, der später der 1. genannt wurde, war gerade vorbei und ein neuer dräute schon am Horizont, denn die Deutschen hatten noch nicht genug von all dem Sterben und Sterbenlassen, Morden und Ermordetwerden.

Man wolle mehr. Man wollte Rache.

Erst nach dem nächsten Rachefeldzug, dem 2. Weltkrieg, verloren nicht nur die Deutschen, sondern auch der Rest der Menschheit die Lust am organisierten Töten, am legalisierten Massenmord.

Die Anzahl und das Ausmaß der Kriege nahm nach und nach ab, die Ströme des Blutes schienen fast versickern zu wollen.

Fast.

Denn seit einigen Jahren ist er zurück, der Krieg. Er scheint allenthalben wieder zu einer praktikablen Handlungsoption zu werden.

Endlich wieder Krieg!

Endlich wieder Mord und Totschlag, Kollateralschäden und ach-so-präzise militärische Operationen, endlich darf man sich wieder auf die eine oder andere Seite schlagen. Und die Schlagenden wissen immer, warum sie das tun und finden weitschweifige Begründungen, erklären es politisch, strategisch und sogar und insbesondere moralisch und bezichtigen die Parteigänger der jeweils anderen Seite der Unmoral. Und auch ich habe meine Sympathien und meine Begründungen für oder gegen Waffenlieferungen und Kriegseinsätze und weiß doch, dass all das die Tragik dieser Angelegenheit nicht mindern kann.

Der Krieg ist immer ein Monster, das die Menschen anfällt, verletzt, tötet und sie verwest oder verwaist zurücklässt. Und die Seelen der Überlebenden vergiftet, indem er ihren Hass nährt, so dass dem einen Krieg fast zwangsläufig ein weiterer folgen wird.

Dabei sterben täglich Menschen. Männer, Frauen, Kinder. Junge Männer zumal, die kaum ihr Leben gelebt haben, bevor es auch schon vorbei war. Bevor sie ihr Leben ließen für ihr Land und ihre Leute, für ihre Lieben. Oder für irgendein höheres, abstraktes Prinzip. Für einen Gott womöglich. Während sie selbst ganz konkret sterben.

Ich will diese Menschen gar nicht verächtlich machen, denn es kann tatsächlich Gründe geben, warum es unvermeidlich ist, in eine (unheiligen) Krieg zu ziehen.

Und doch gebe ich zu bedenken, dass der Weg zur Hölle mit guten Absichten gepflastert ist. Und dass Kriege keine Fußballspiele sind, bei denen man als Schlachtenbummler gefahrlos in Gesänge einstimmen kann, die die eigene Mannschaft glorifizieren und die gegnerische verhöhnen.

Im Krieg geht es um Leben und Tod. Es geht um die Vernichtung von Leben. Um die Zerstörung der Lebensgrundlagen der jeweils anderen Seite.

Und an dieser Stelle muss man tatsächlich pathoslos und sachlich einwenden, dass es einfach klüger ist, keine Kriege zu führen. Klüger und ökonomischer. Und ökologischer. Das letzte, was die Menschheit und jeder einzelne Mensch braucht, ist eine Krieg.

Wir brauchen Menschen, die etwas aufbauen: die Häuser bauen und Nahrungsmittel anbauen. Wir brauchen Schulen und Krankenhäuser und Kindergärten und Wohnungen für alle Menschen. Wir brauchen Straßen und Schienen und Städte und Dörfer und Felder und Naturschutzgebiete.

Wir brauchen keine Panzer, keine Bomben, keine Gewehre. Und wir brauchen auch keine Helden. Keine toten. Und keine lebenden. Denn auch lebende Helden sind bloß Tote auf Abruf.

Wir brauchen einfach Menschen, die ihr Leben leben wollen, bis es irgendwann und immer viel zu schnell zuende geht.

Wir brauchen keine Märtyrer und wir brauchen keinen Terror.

Wir brauchen Frieden. Einen Frieden, der für alle gilt. Und nicht nur für diejenigen, die man für die eigenen Leute hält.

Der Krieg ist auch nicht der Vater aller Dinge. Diese Ehre kommt ganz allein dem Frieden zu.

Erst als im letzten Jahrhundert die ganz großen Kriege vorbei waren, die Weltkriege, konnte die Menschheit zügig vorangehen, den Hunger bekämpfen und die Seuchen und Krankheiten, die vormals Millionen und Abermillionen Menschen hinwegrafften.

Der Krieg wird diese Dinge zurückbringen.

Wir können das alles noch einmal durchspielen. Und würden wieder an den Punkt kommen, zu merken, dass wir aufhören müssen mit dem Hauen und Stechen, dem Schießen und Bomben.

Noch einmal: Wir müssen aufhören damit. Jetzt. Sofort.

Wir müssen uns um die wichtigen Dinge kümmern. Um eine lebenswerte Zukunft für alle.

Auch für die, die wir heute noch unsere Feinde nennen.

Wir brauchen den Frieden, um essen und schlafen und trinken zu können.

Wir brauchen den Frieden, weil er Leben bedeutet.

Wir brauchen den Frieden.

Und keinen Krieg.

 

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