Ich soll was Lustiges schreiben, hat meine Freundin gesagt, nicht immer sowas Trauriges oder Politisches oder sowas, hat sie gesagt, sondern etwas Leichtes und Heiteres, Geistreiches und Gescheites. Etwas Lustiges halt!
Ich lege Tarot-Karten, um der Inspiration auf die Sprünge zu helfen, ungeachtet der Tatsache, dass ein Tarot-Deck immer auch den Tod und irgendwas mit Schwertern enthält.
Ich ziehe aber nicht den „Tod“.
Ich ziehe: „Die Liebenden“.
Auf der Karte ist Paris zu sehen, mit einem Apfel in der Hand. Der Apfel scheint nicht aus dem Supermarkt zu sein, denn er ist gelb.
Vor ihm stehen die drei Göttinnen Hera, Athene und Aphrodite. Er soll entscheiden, wer von ihnen die schönste ist.
Mist, denkt sich Paris.
Ist ja egal, für wen ich mich entscheide, die anderen beiden sind auf jeden Fall sauer auf mich.
Und alle drei reden auf ihn ein.
Er kann ihnen gar nicht folgen, so schnell sprechen sie.
Und dann auch noch alle gleichzeitig.
Sie werden auch immer lauter, weil sie versuchen, sich gegenseitig zu übertönen.
Hera erzählt irgendwas von Macht. Von mehr Macht. Oder von Meermacht?
Macht klingt irgendwie gut, aber irgendwie … Mit großer Macht kommt große Verantwortung, denkt er. Und dann hat er auch schon keine Lust mehr.
Athene hingegen erzählt ihm irgendwas von Ruhm.
Er schaut sie sich genauer an. Sie trägt Helm und Brustpanzer und ein Schwert. Nee, auch kein Bock drauf, denkt Paris. Heldentum ist purer Stress.
Aphrodite überzeugt ihn hingegen völlig. Sie steht nackt vor ihm, nur ein dünnes Tuch hat sie um ihren Körper gewunden.
In der Hand hält sie einen Kelch, vermutlich mit Rotwein. Nackte Frau mit einem Glas Alkohol in der Hand. Besser geht‘s nicht, denkt Paris.
Auch sie verspricht ihm irgendwas, doch er hört nur halb zu. Starrt sie an.
„Aphrodite ist die schönste der Göttinnen“, sagt er nach sehr kurzer Bedenkzeit.
Und natürlich ticken Hera und Athene voll aus, beschimpfen und bedrohen ihn.
Aphrodite kommt währenddessen auf ihn zu und sagt: „Als Dank hierfür soll die schöne Helena dein sein!“
„Ach du scheiße!“, rutscht es Paris daraufhin heraus, „das wird richtig Stresse geben. Hoffentlich löse ich damit nicht den Trojanischen Krieg aus.“
Und so war es dann auch: Ein Mann hörte nicht zu, traf aber trotzdem eine Entscheidung, weil er eine nackte Frau sah. Am Ende waren fast alle tot. Der Rest irrte verwirrt umher.
Ich soll was Lustiges schreiben, hat meine Freundin gesagt, etwas Witziges und Gewitztes, hat sie gesagt.
Ich werde sie fragen, ob das lustig genug ist.