Ich bin ein einfacher Mensch. Ich zähle zu den kleinen Leuten. Mein Vater war Fliesenleger, meine Mutter war Hausfrau.

Ich habe auch kein Studium abgeschlossen. Bin ich also bildungsfern?

Der Unterschicht gehöre ich aber immerhin vermutlich (noch) nicht an. Eher der Mittelschicht.

Und Sozialleistungsempfänger oder gar Fürsorgeempfänger bin ich auch nicht. Aber Lohnempfänger schon. Ein Arbeitnehmer also…

Halt, Moment mal! Wieso nehme ich Arbeit? Ich gebe sie doch. Meine Arbeitskraft. Meine Arbeitszeit. Meine Lebenszeit.

Komisch, warum heißen dann Arbeitgeber Arbeitgeber? Und Arbeitnehmer Arbeitnehmer? Ist es nicht eigentlich genau anders herum? Ich arbeite und andere profitieren davon?

Und warum heißen Unternehmer Unternehmer? Nehmen tun sie ja, das stimmt. Und unter aller Sau sind sie auch manchmal…

Und dabei meine ich nicht den Elektriker umme Ecke oder die Gastwirtin aus der Nachbarschaft.

Aber diese Milliardärs-Clans, die sich euphemistisch „Familienunternehmen“ nennen, führen die wirklich einen Familienbetrieb? Oder nicht doch eher eine Aktiengesellschaft? Wenn Sie wissen wollen, wo Ihr Geld ist, fragen Sie doch die Quands, Klattens, Boehringers, von Baumbachs, Engelhorns, Schwarz‘ und Albrechts. Denn die wissen das am besten.

Diese Leute arbeiten nicht. Sie lassen arbeiten.

Sie sind die Oberschicht. Aber sie sind keine Superreichen, denn super ist daran gar nichts.

Und anders als es uns die Lobbyisten, die im Bundestag herumlungern, Glauben machen wollen, sind sie auch keine Leistungsträger. Oft genug sind sie bloß träge. Ohne jede Leistung.

Denn sie beziehen leistungsloses Einkommen. Rendite und Wertsteigerung nennen sie das. Und verachten diejenigen, die wirklich Leistung erbringen: diejenigen, die die Post austragen und die Pizza bringen, die in Supermärkten schuften und in Fabriken schwitzen, die Häuser errichten und Busse fahren.

Warum gibt es eigentlich „Gutverdienende“, aber keine „Schlechtverdienenden“? Und wo ist eigentlich die Sprachpolizei, wenn man sie mal braucht?

Auf den Punkt gebracht: Milliardäre braucht niemand, denn niemand braucht Ausbeuter. Wie das genau funktioniert, dass jemand Milliardär wird, lässt sich heute noch in Karl Marx‘ Opus Magnum „Das Kapital“ nachlesen. An dieser Stelle ist kein Platz dafür. Trotzdem ein kleiner Spoiler: Mit Leistung hat das nichts zu tun. Und auch nicht damit, dass böse Menschen (womöglich jüdische) eine Weltverschwörung angezettelt haben… Anders herum wird ein Schuh daraus: Ein schlechtes Wirtschaftssystem bringt immer schlechte Menschen hervor. In der Soziopathen wie Mark Zuckerberg und Jeff Bezos und Elon Musk maskulin mit ihren Muskeln spielen.

Das ist äußerst unschön anzusehen. Diese Dekadenz mit ihren schwanzvergrößernden Villen und Weltraumflügen. Diese Doppelmoral. Sie selbst erlauben sich alles. Und verlangen von ihren Untergebenen und Untertanen Askese und Arbeitsmoral. Auch das ist nicht überraschend. Denn schon immer war Doppelmoral jeder Elite zu eigen. Der verblödete Adel des deutschen Kaiserreichs mag uns eine Warnung sein, was an Destruktivität noch auf uns zukommen wird. Der Erbadel des Mittelalters wird durch den Erbadel des Kapitalismus ersetzt.

Wäre es nicht also mal wieder Zeit für einen reinigenden Weltkrieg? Angezettelt von weltfremden Milliardären, die glauben, ihre Bunker, Hochseejachten und Raumschiffchen böten ihnen einen sicheren Zufluchtsort?

Dabei hat alles so harmlos angefangen, als annodunnemals aus sozialliberal neoliberal und schließlich rechtslibertär wurde. By the way: Kann bitte mal jemand Christian Lindners Kopf aus dem Hintern von Elon Musk und Javier Milei ziehen? Und wie schafft es dieser Typ überhaupt zwei Schädel, aber doch nichts in der Birne zu haben?

Am Ende dieses schicken Bündnisses aus durchgeballerten „Wirtschaftsliberalen“ (noch so ein Euphemismus!) und verschallerten „Rechtspopulisten“ (schon wieder ein Euphemismus!) wird ein megahipper Faschismus stehen, der von schlecht frisierten Männern und blondierten Bestien durchgeprügelt wird, die gegen Windmühlen bzw. Windräder kämpfen.

Konservativ ist an diesem Neofaschismus übrigens gar nichts. Denn er will nicht bewahren, sondern zerstören. Nihilistisch ist er also. Der einzige Wert, den er kennt, ist der Mehrwert.

Noch einmal: Der Kapitalismus ist nicht schlecht, weil er von schlechten Menschen erfunden wurde, sondern weil er potentiell gute Menschen zu gewissenlosen Egoisten erzieht. Er kann zeitweise sogar gebändigt werden, doch wie jedes wilde Tier weiterhin ein Tier bleibt, dessen Instinkte jederzeit wieder ausbrechen können, bleibt auch der Kapitalismus eine ständige Gefahr.

Denn hinter dem Faschismus steht das Kapital. Die unheilige Allianz von Elon Musk und Donald Trump ruft uns diese Tatsache ins Gedächtnis.

Die britische Premierministerin Margret Thatcher, mit der ja in Europa die ganze neoliberale Misere losging, sagte einmal sinngemäß, dass es ihr eigentlich gar nicht um die Wirtschaft ginge, sondern um die Seele der Menschen.

Und ich frage, Gnarls Barkley zitierend: Who‘s gonna save my soul now?

Europa, wir kommen!

 

Axel Klingenberg: Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!