Heavy Metal-Fans gelten laut einer Spotify-Studie als besonders „loyal“. Was sicherlich richtig ist, wenn man bedenkt, dass Hard Rock-Anhänger ein besonders ausgeprägtes Geschichtsbewusstsein haben – und zwar in Form eines musikalischen Kanons, den jedes Szene-Mitglied kennen muss: Es ficht den Langhaar- und Kuttenträger mitnichten an, dass es Jahrzehnte her ist, dass beispielsweise AC/DC, Iron Maiden und Metallica wirklich gute oder zum Teil auch nur brauchbare Alben veröffentlicht haben. Auch andere Bands, die irgendwann einmal hoch in der Gunst standen (und die möglicherweise sogar zwei oder drei hörbare Stücke geschrieben haben), dürfen sicher sein, auch Jahrhunderte später noch Anerkennung zu finden. Auch und vielleicht gerade weil sie seitdem nur noch vollkommen belangloses Zeug herausgebracht haben. Sie trotzdem zu hören, gilt als wahre Kennerschaft.
Als loyal gelten sie auch deshalb, weil Heavy Metal-Fans Heavy Metal hören – und sonst nichts. Dieser Punkt ist es vor allem, der eine kritische Betrachtung verdient, denn er zeigt, dass der positiv besetzte Begriff „loyal“ eben auch negative Konnotationen besitzt. Man könnte ihn nämlich auch ganz einfach mit „unwissend“ übersetzen.
Versteht man nämlich musikalische Stilrichtungen als Sprachen wird deutlich, dass Metal-Fans nur eine einzige wirklich kennen und beherrschen – ihre eigene nämlich, die sie für die Krone der musikalischen Schöpfung halten. Kein halbwegs vernünftiger Mensch würde damit prahlen, nur eine einzige Sprache zu beherrschen: „Ich kann nur deutsch, sonst nix.“ Ganz im Gegenteil: Das Verwenden anderer Sprachen (egal ob Englisch, Französisch, Spanisch, Chinesisch, Altgriechisch oder Klingonisch) gilt vollkommen zurecht als Zeichen von Weltgewandtheit.
Umgekehrt hält der gemeine Metalhead eben diese Offenheit für Verrat. Obwohl er wissen könnte (wenn es ihn interessieren würde), dass der Reichtum der Menschheit nicht zuletzt in deren Vielfalt besteht: Rock‘n‘Roll (in dessen Tradition Heavy Metal steht), HipHop, Jazz, Blues, Funk, Reggae, Soul, Pop, Chanson, Techno, europäische Klassik, die Folklore der verschiedenen Ethnien dieser Welt (um nur einige wenige Kategorien zu nennen) bilden den Schatz, den es jeden Tag aufs Neue zu heben gilt. Der Metalhead wühlt hingegen seit Jahrzehnten in immer der selben Schatztruhe, um stets aufs Neue die immer gleichen Fundstücke zu entdecken und stolz hochzuhalten.
Kurz gesagt: Wichtiger als einen Kanon herunterbeten zu können, ist es, in aufregenden Expeditionen die Schönheit der Klangwelt aller Länder zu erkunden.