Beruf kommt von Berufung. Aber nicht zu jedem Beruf findet sich jemand, der sich dazu berufen fühlt. Natürlich Geistlicher, also Priester oder Pastor oder so – da gibt’s immer jemanden, der Gottes Stimme sagen hört: „Verkündige mein Wort und stehe den Menschen mit Rat und Tat zur Seite und wenn du Kathole bist, dann sag Ihnen doch bitte noch gleich, dass Kondome nicht helfen gegen Aids und gegen Kinder sollen sie ja nicht helfen, weil du ja schließlich keine Kinder in die Welt setzen darfst, deswegen müssen das deine Schäfchen für dich erledigen, aber wenn du deine Haushälterin poppst und die wird dann schwanger, dann tu wenigsten so, als wäre das Kind nicht von dir, okay?“

Oder Künstlerin zum Beispiel. Also Schriftstellerin oder Malerin oder Schauspielerin oder Musikerin. Na klar, da findet sich auch immer jemand, der eitel genug ist, sowas machen zu wollen. Dann wird man gelobt – wenn’s gut läuft – oder gar bewundert –wenn’s noch besser läuft – oder bekommt sogar Geld dafür – wenn’s am besten läuft –, um die Künstlersozialkasse bezahlen zu können und vielleicht sogar die Miete. Und was zu essen wäre ja auch nicht schlecht, obwohl ich hatte ja erst letzte Woche ein trockenes Brot mit nur ganz wenig Schimmel und heute Abend bei der Lesung darf ich wieder kostenlos Bier trinken. Und vielleicht klatscht sogar jemand!

Oder Politiker. Das wollen auch immer Leute machen. Früher gab es sogar welche, die hatten Überzeugungen. Die wollten auch zu den Menschen sprechen und sich mit Rat und Tat für sie einsetzen. Und für die Revolution. Jetzt will das niemand mehr. Jetzt wollen sie alle schnell Parteivorsitzender werden oder am besten noch Bundestagsabgeordneter mit ganz viel Geld und Steuervergünstigungen und Aufsichtsratsposten und kleinen schwarzen Koffern, die einem in dunklen Ecken übergeben werden, damit man bei der nächsten Abstimmung weiß, was man zu tun hat und nicht so lange überlegen muss. Es gibt sogar einen Fachbegriff für diesen Politikertypus, der eine Mischung aus Verwaltungsbeamten und Manager darstellt: „postideologisch“ nennt man die. Dass bedeutet, dass sie keine Ziele haben, höchstens eine Meinung und Meinungen kann man ja ändern. Außerdem haben sie ein Bankkonto. Manche sogar mehrere. Auch im Ausland. Zum Beispiel in der Schweiz. Man ist ja weltoffen.

Zu anderen Berufen fühlt sich niemand berufen. Keiner sagt: „Hey, ich wäre gerne Klofrau an der Autobahnraststätte Lehrter See. Das stelle ich mir toll vor. Und man hat auch so viel mit Menschen zu tun und kann ihnen mit Rat und Tat beiseite stehen und wird bewundert und bekommt sogar Geld zugesteckt.“ Obwohl: Das letztere ja schon. Also, wenn’s nach mir ginge, könnte man zum Beispiel die Abgeordnetenbezüge auf ein Zehntel reduzieren und das eingesparte Geld bekommt die Berufsgenossenschaft des Sanitärreinigungsfachpersonals überwiesen. Steuerfrei in die Schweiz.

Das wäre fair.

Linkes Zentrum »Nexus«: Vom Ja-sagen

Axel Klingenberg: Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!